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Austausch mit Verdun: „Wir kommen sicher wieder!“

Die Schülerinnen und Schüler der 9b vor dem Gräberfeld in Verdun.

Mit dem Bus ging es in die Heimatstadt der ‚corres´ - und damit begann der zweite Teil des Abenteuers ‚Austausch‘.

Gleich nach der Ankunft durften wir Deutsche die französische Mensakultur des Lycée Margueritte kennenlernen. Auch in der ‚Cantine‘ wird nämlich die franz. Menüabfolge serviert:  Vorspeise (entrée) – Hauptspeise (plat principal) – Salat (salade) – Käse (Fromage) - Dessert.

Anschließend besichtigten wir das Schulgebäude, wobei deutliche Unterschiede zum deutschen Schulsystem zu Tage traten:  So hat sich jeder französische Schüler vor Ein- oder Ausgang aus dem Gebäude auszuweisen, Verspätungen werden rigide registriert. Dafür sind die sogenannten ‚surveillants‘ zuständig, nicht etwa wie in Deutschland die Lehrer.

Herzlich fiel danach die Begrüßung durch den Schulleiter und seine beiden Stellvertreter bei einem typisch französischen ‚goûter‘ (Nachmittagssnack) aus und anschließend wurden wir von unseren ‚corres‘ mit ins Wochenende zu den Familien genommen: die neue Gastfamilie, das erste Abendessen, die erste Nacht in der neuen Familie – für uns alle eine bisher unbekannte Erfahrung! 

Während des Wochenendes stellten die ‚corres‘ und ihre Eltern ein eigenes Programm für uns auf. So wurden neben Städten wie Metz, Sedan oder gar Paris auch eine Bowlinghalle besucht, zu der alle Franzosen mit ihren deutschen Gastbrüdern und -schwestern eingeladen waren.

Der Montag begann dann ganz offiziell: Im ‚Hotel de ville‘, dem Rathaus der Stadt, wurden die deutschen Austauschschüler von Verduns Bürgermeister Samuel Hazard empfangen und über die Geschichte Verduns bzw. die Notwendigkeit der deutsch-französischen Freundschaft unterrichtet. Monsieur Hazard ist dem Schüleraustausch zwischen Verdun und Neureut besonders zugetan, da er als Schüler selbst am Schüleraustausch mit Neureut teilgenommen hat. Deshalb liegt ihm die Freundschaft beider Länder - besonders in Verdun - sehr am Herzen, denn „Nationalismus“, so erklärte er uns, „führt zwangsläufig in den Krieg“.

Nach der ‚cantine‘ begleiteten wir unsere Austauschpartner in den Nachmittagsunterricht, bevor wir deutschen Schüler zum nächsten Programmpunkt aufbrachen: dem Besuch der ‚Dragéefabrik‘ Braquier. Diese Süßigkeitenfabrik, die sich seit 1783 einen Namen mit Schokolade umrahmten Mandeln gemacht hat, hatte es vielen von uns angetan. Das lag nicht nur an dem appetitanregenden Film, der vor dem Rundgang durch die Produktionsanlage präsentiert wurde, sondern vor allem an der großen Auswahl an unterschiedlichen Dragéetypen (klein, groß, vergoldet oder mandelfrei) und dem schokoladigen Duft im Verkaufsladen am Ende der Produktionsstelle. Trotz nicht ganz billiger Preise wurde für Freunde und Familie eifrig eingekauft und auch probiert. 

Nach der Dragéeverkostung hieß es ‚Auf zur Stadtrally durch Verdun‘. Eine franz. Lehrerin des Lycée zeigte uns einige Besonderheiten der Stadt, bevor wir selbst in Gruppen Verdun und seine Denkmäler aus dem Ersten Weltkrieg besichtigten, wie das berühmte ‚Monument de la victoire‘, von den Bewohnern von Verdun liebevoll ‚Goldorak‘ getauft (nach einer japanischen Sciencefiction-Serie).

Am Dienstag bekamen wir nach dem gemeinsamen Unterricht mit den Franzosen eine Führung durch die ‚site Vauban‘, dem zweiten Schulsitz des ‚Lycée Margueritte‘, der auf der anderen Seite der Stadt liegt. Dieser Komplex mit seinen fabrikähnlichen Produktionshallen ist den Schülern des beruflichen Teils des Gymnasiums vorbehalten, die hier vor allem Unterricht in technischen Fächern erhalten. 

Am Nachmittag wurde das Thema dann etwas ernster: Es ging zu den „champs de bataille“, zu den ehemaligen Schlachtfeldern von Verdun im Ersten Weltkrieg. 

Erster Halt war in Fleury, einem kleinen französischen Dorf in der Nähe von Verdun. Und was bekamen wir zu sehen? Ein Ortsschild, eine Kapelle und sonst nur eine hügelige, kahle Landschaft, von Granattrichtern übersät. Die Führung durch diese ehemalige Ortschaft, auf deren Boden 1916 200.000 Soldaten den Tod fanden, ließ uns nicht kalt. 

Noch erschreckender und lehrreicher aber war die Besichtigung des ‚Ossuaire de Douaumont‘ (Beinhaus von Douaumont), das wie der Griff eines überdimensional großen Schwertes, das in den Boden gerammt wurde, in den Himmel ragt. Demut und Respekt erfüllten uns in Anbetracht der über 16.000 Kreuze vor dem Gebäude und den unzähligen Gebeinen und Schädeln von nicht identifizierten Soldaten des Ersten Weltkriegs, die sich unter dem Gebäude befinden. Auch der Film über den Ersten Weltkrieg, den wir dort zu sehen bekamen, führte uns eindrücklich vor Augen, zu wieviel Leid Krieg und Hass führen können. 

Am Mittwoch ging es dann in die Partnerstadt von Karlsruhe, nach Nancy. Nicht nur der Besuch des berühmten goldenen ‚Place Stanislas‘ stand auf dem Programm, sondern auch der Besuch der Oper sowie eine Stadtführung, bei der wir so einiges über die Geschichte und die Architekturstile der Stadt erfuhren. 

An unserem letzten Tag in Verdun ging es am Vormittag bei einem gemeinsamen Volleyballturnier mit den französischen ‚corres‘ sportlich zu, bevor wir am Nachmittag die ‚citadelle‘, die ehemalige französische Verteidigungsanlage in Verdun, besuchten, In kleinen Waggons wurden wir durch diese Bunkeranlage gefahren und bekamen mithilfe von VR-Brillen eine virtuelle Museumsführung durch die verschiedenen Bereiche dieser kilometerlangen Anlage, in der auch der unbekannte Soldat ausgewählt wurde, der heute unter dem ‚Arc de Triomphe‘ in Paris liegt. 

Und nach einer ereignisreichen Woche hieß es dann am Freitagmorgen wieder Abschied nehmen. Neben viel historischem Wissen, neuen Erfahrungen über französisches Schul- und Familienleben, vielen neuen französischen Wörtern und liebgewonnenen ‚corres‘ nehmen wir aus diesem Abenteuer ‚Austausch‘ auch mit, dass wir in Zukunft für das Weiterleben der deutsch-französischen Freundschaft im Herzen von Europa verantwortlich sind. Verdun – wir kommen sicher mal wieder! (Danylo Moses, 9b)