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Alkoholprävention – 1 Liter Jägermeister zum Frühstück

Was uns direkt auffiel war, wie ehrlich er mit uns sprach. Er machte von Anfang an klar, dass er uns seine Geschichte, so wie sie war, erzählen wolle und wir ihn alles Fragen könnten, was wir wollten. Wir bekamen zwei Schulstunden Zeit, um ihm Fragen rund um seine ehemalige Alkoholabhängigkeit zu stellen. Laut ihm habe er 28 Jahre seines Lebens mit dem Alkohol verschwendet und bereue es zutiefst. Im Folgenden werde ich die interessantesten Fragen und Antworten aus dem Protokoll, welches ich während der Prävention geführt habe, vorstellen.

„Wie kam es dazu, dass Sie abhängig wurden?“

F. Milbich: Ich fing früh mit dem Trinken an. Nach Fußball- oder Handballspielen fand oft das Stiefeltrinken statt. Dort trank ich oft den ganzen Stiefel aus. Je älter ich wurde, desto härteren Alkohol trank ich. Irgendwann war das Erste, woran ich nach dem Aufwachen dachte, dass ich etwas trinken müsse. Während meiner Abhängigkeit begriff ich jedoch nicht, dass ich abhängig war. Ich weigerte mich bis zum Ende zu glauben, dass ich tatsächlich alkoholkrank gewesen bin.

„Was war das Schlimmste an Ihrer Alkoholsucht?“

F. Milbich: Einerseits die gesundheitlichen Probleme. Nach dem hochprozentigen Alkohol hatte ich eine Leberzirrhose und hochgradige Entzündungen des Magens und der Bauchspeicheldrüse. Das hatte schwere Folgen, wie z.B. innere Blutungen. Aber auch meine sozialen Kontakte gingen über die Zeit in die Brüche. Ich bin während der Sucht vereinsamt und hatte niemanden mehr. Nachdem mir bewusst wurde, was ich meinem Körper und meinem Umfeld, vor allem meinem Sohn Johannes, mit dem Alkohol antat, wusste ich, dass ich etwas ändern musste.

„Was hat Sie zum Aufhören bewegt?“

F. Milbich: Meine Mutter zwang mich, zum Arzt zu gehen. Dieser machte mir bewusst, dass ich, wenn ich so weitermachen würde, bald an den Folgen einer Alkoholvergiftung sterben würde. Mir war das zu Beginn relativ egal. Ist man abhängig, kann man nicht einfach aufhören. Der Arzt stellte jedoch anschließend ein Szenario auf, welches mir bewusst machte, dass ich etwas ändern muss. Er erzählte mir, dass wenn ich nicht sofort etwas gegen meine Sucht tun würde, mein Sohn mit nur 6 Jahren keinen Vater mehr haben würde. Da habe ich mich für einen kalten Entzug entschieden. Der 01.01.2005 war mein erster trockener Tag. Seitdem habe ich keinen Alkohol mehr getrunken. Rückblickend weiß ich inzwischen, wie gefährlich dieser kalte Entzug ist. Mein Arzt meinte damals, dass er mir eine 5% Überlebenschance gibt. Es wäre sehr wahrscheinlich gewesen, dass ich an Kreislaufversagen verstorben wäre. Mir ging es währenddessen grauenhaft. Ich musste oft erbrechen und hatte Halluzinationen. Teilweise konnte ich auch meine Beine nicht mehr spüren oder hatte Schmerzen im ganzen Körper. Dazu kamen Schweißausbrüche und Zittern am ganzen Körper. Ich zwang mich jedoch weiterzukämpfen, vor allem für meinen Sohn. Während des Entzugs schaute ich tagsüber, wenn ich konnte, Fernsehen oder hörte Radio. Abends fuhr ich in die Stadt, um mich mit den Anonymen Alkoholikern zu treffen.

„Hatten Sie jemals Probleme mit der Polizei?“

F. Milbich: Nein. Obwohl ich oft unter Alkohol Auto gefahren bin, wurde ich nie erwischt. Und unter Einfluss von Alkohol wurde ich im Vergleich zu anderen Alkoholikern nicht aggressiv, sondern eher depressiv. Ich weinte oft und viel, während ich alkoholisiert war.

„Haben Sie jemals andere Drogen zu sich genommen?“

F. Milbich:  Nein. Ich konnte den Geruch von Zigaretten nie ausstehen. Mein Vater ist an einer Lungenvergiftung durchs Rauchen gestorben, deswegen konnte ich es vielleicht auch nicht ausstehen. Und Joints oder andere Drogen waren auch nie ein Thema. Ich war nur vom Alkohol abhängig.

Das Schlimmste, das ihm während seiner Alkoholsucht passierte, war, dass er seinen Sohn mitten im Winter im Kinderwagen vorm Edeka vergessen hatte. Seine damalige Freundin jagte ihn daraufhin raus und verbot ihm, seinen Sohn Johannes zu sehen.

Frank Milbich ist inzwischen ein trockener Alkoholiker, hat wieder Kontakt zu seinem Sohn und macht Alkoholpräventionen an Schulen, um Schülerinnen und Schüler vor den Risiken des Alkohols zu warnen. Wir waren sehr beeindruckt von seinem Mut und der Passion für seinen Beruf. Die Aufklärung liegt ihm sichtlich am Herzen. Leider gibt es viele Alkoholiker, die nicht mehr trocken werden und an den Folgen des Alkohols sterben. Herr Milbich berichtete, dass er leider oft Beerdigungen von verstorbenen Alkoholikern besuchen würde. Auf einer davon wurde ihm ein Zettel übergeben, auf dem zwei Sätze standen, die er zum Ende zitierte und die ich zum Schluss auch zitieren will:

„Es ist keine Schande alkoholkrank zu sein, wohl aber eine, nichts dagegen zu tun.

Wer auf dem Meeresgrund war, fürchtet sich nicht mehr vor einer Pfütze.“

(Darja H., Klasse 8d)